Schwung- oder Trägheitskonzepte

Damit meine ich Antriebskonzepte, bei denen die Energie der Mausefalle relativ schnell ans Auto abgegeben wird und das Auto danach aber noch sehr weit rollen soll. Ich möchte euch hier mal kurz versuchen zu erklären, warum dieses Antriebskonzept nicht die beste Wahl ist um sehr weit zu fahren.

 

Bei unseren Weitfahrautos geht es ja immer darum, die vorhandene (Spann-) Energie der Mausefalle in eine möglichst große Reichweite des Autos umzusetzen.

Am Ende der Fahrt ist alle Energie der Mausefalle in Form von Temperatur an die Umgebung abgegeben. Wir müssen also dafür sorgen, dass die Energie sehr sehr langsam, in ganz kleinen Portionen aus dem Auto entnommen wird. Daraus ergibt sich eine große Aufgabe: die Reibung des Fahrzeugs muss so niedrig wie möglich sein. 

 

Dazu können wir viele technische Möglichkeiten umsetzen, die alle schon unter Tipps beschrieben sind.

 

Zwei zusätzliche Punkte werden dabei aber gerne vergessen:

- je höher die Geschwindigkeit, desto höher die Reibung

- je schwerer das Auto, umso höher die Reibung

(die Größe lass ich hier absichtlich mal weg, weil die nur die Luftreibung erhöht, die wir erstmal vernachlässigen können)

 

Was folgt nun aus den beiden Zusatz-Punkten?

Relativ einfach, oder? So langsam wie möglich fahren und so leicht wie möglich bauen.

 

Ich beschreibe auf meiner Seite nur Autos, die nahezu über die gesamte Strecke angetrieben werden. Ich hatte nie das Ziel Autos zu bauen, die nach der Antriebsphase noch besonders weit rollen sollen.

Besonders die extrem weit fahrenden Autos rollen fast gar nicht mehr aus, wenn die Mausefalle ihren Endanschlag erreicht hat.

Ich nenne sie mal "Dauerantriebskonzepte"

 

Ich möchte aber auch auf das andere Konzept eingehen. Die Idee dahinter ist ja auf den ersten Blick schon OK.

Schauen wir uns das also mal an.

 

In den Konzepten, ich nenne sie mal "Schwungkonzepte" oder "Trägheitskonzepte", geht es, wie im Einleitungssatz bereits geschrieben, darum, die Energie der Mausefalle möglichst komplett und relativ schnell in Bewegungsenergie umzusetzen und das Auto dann mit dieser kinetischen Energie so weit wie möglich rollen zu lassen.

 

Die kinetische Energie ist ja Ekin = 1/2 m*v² 

Was braucht es also um möglichst hohe kinetische Energie im Auto zu haben? 

Entweder eine hohe Masse oder eine hohe Geschwindigkeit.

 

Genau das wird scheinbar bei solchen Mausefallenautos auch umgesetzt. Sie haben meistens z.B. große, schwere Räder, die sich lang drehen sollen. Mark Rober geht in seinem Video sogar drauf ein, wo die Masse an den Rädern sein soll damit sie besonders lang laufen.

 

Die Mausefalle hat nur eine bestimmte Energie zur Verfügung, die wir in kinetische Energie umwandeln können.

Die Frage ist nun, sollen wir das Auto leicht bauen oder schwer? (große, schwere Räder sind hier auch mit gemeint)

Durch den Energievorrat der Mausefalle wird sich die dazugehörige Geschwindigkeit am Ende von ganz alleine einstellen.

 

Schauen wir uns die beiden Extrembeispiele mal an:

1. wir bauen ein leichtes Auto und machen das dafür sehr schnell.

2. wir bauen ein schwereres Auto und lassen das ganz langsam fahren. 

Die kinetische Energie ist in beiden Fällen vielleicht sogar gleich, wenn durch die Reibung beim Beschleunigen derselbe Anteil an Energie verloren ging. Nehmen wir das mal an.

 

Im ersten Fall fährt das Auto relativ schnell, was ja auf den ersten Blick dafür sorgen wird, dass es seine Geschwindigkeit lange behalten wird und weit kommt. Im zweiten Fall fährt es zwar langsam, seine große Masse wird es aber hoffentlich lange fahren lassen.

 

Was ist nun das Problem? 

Nun, wir haben ganz oben erfahren, dass das Auto logischerweise recht leicht sein muss und gleichzeitig ganz langsam fahren soll.

Es wird also sehr wenig kinetische Energie haben. Wie passt das zusammen?

 

Ganz einfach:

Gar nicht. Durch das höhere Gewicht oder die höhere Geschwindigkeit wird in gleichen Zeitabschnitten immer mehr Energie aus dem Auto durch Reibung in Wärme umgewandelt, als das bei einem leichten und langsamen Auto der Fall ist.

(Annahme: ansonsten ist die Reibung bei beiden Autos durch gleiche Lagerung der Achsen und gleiche Materialien der Räder usw. vergleichbar. Die beiden Vergleichsautos sollen, bis aufs Gewicht, keine konstruktiven Unterschiede haben.)

 

Die Schwungkonzepte können mit den Dauerantriebskonzepten auf sehr große Reichweiten nicht mithalten. Sie werden immer mehr Energie in gleichen Zeitabschnitten verlieren. Mehr Energieverlust/Zeit heißt, dass die Energie einfach schneller aufgebraucht ist und das Auto eher stehen bleibt.

Sie erreichen zwar trotzdem beachtliche Fahrstrecken und gewinnen auch Schulwettbewerbe, für extreme Reichweiten sind sie leider nicht geeignet.

 

Übrigens alleine schon weil man sie nicht umdrehen und weiterfahren lassen kann.

Man müsste solche Autos dann gerechterweise, nachdem man sie am Bahnende anhalten musste, auch wieder anschieben.

Da diese Autos aber immer langsamer werden, müsste man sie jedes Mal auch mit einer anderen Geschwindigkeit wieder anschieben.

Das ist nahezu unmöglich.

 

Auch in dem Video von Mark Rober wird zwar erklärt, wie die Masse an den Rädern verteilt sein muss, um möglichst weit zu fahren, sein Freund und Weltmeister hat aber auch ein Auto gebaut, welches über die gesamte Strecke angetrieben wird und gaaanz langsam fährt.

 

Anleitungen oder Tipps, die ich so im Netz gelesen habe, schlagen sogar vor, ein Schwungrad von der Mausefalle antreiben zu lassen und dessen Energie dann für die Fahrt, evtl. sogar noch durch Rutschkupplungen, zu nutzen.

Ob solche Vorschläge sinnvoll sind, könnt ihr nach dieser Erklärung oben nun selbst beurteilen. :-)

 

Achtung:

Ich spreche dabei immer von Fahrzeugen, die auf extreme Distanzen ausgelegt werden sollen, also wenn man versucht aus der Energie der Mausefalle wirklich das maximal Mögliche an Reichweite herauszuholen.

Auch die Schwungkonzepte kommen auf erstaunliche Reichweiten und sind auf Schulwettbewerben durchaus konkurrenzfähig!

Ich will sie deshalb nicht einfach vom Tisch wischen. 

Ich bin nach wie vor begeistert, auf welche Ideen man kommt, um ein Auto möglichst weit fahren zu lassen.

Und dieser Kreativität will ich definitiv nicht entgegen wirken. Vielleicht schau ich mir die ja irgendwann auch noch mal etwas genauer an. 

 

Der konstruktive Weg zu extremen Weitfahrautos gibt aber dabei die Richtung von ganz alleine vor.

Man wird automatisch das Auto immer leichter machen und damit immer mehr vom Schwungkonzept wegkommen.

Je weiter man fahren möchte umso langsamer wird das Auto und umso weniger wird es nach der Antriebsphase noch rollen. 

Bis es irgendwann so langsam und so leicht ist, das es kaum mehr ausrollt.