Getriebe für Mausefallenautos

Warum sollte man ein Getriebe in ein Mausefallenauto bauen?

 

Mit einem Getriebe kann die zur Verfügung stehende Energie der Mausefalle verändert oder besser gesagt anders aufgeteilt werden.

 

Die Energie, die ein (Mausefallen-) Auto zum Fahren braucht, ist die Kraft, die man braucht um es vorwärts zu bewegen mal der Strecke, die es fährt (angenommen, dass es auf ebener Strecke bleibt und keine Berge fahren muss.)

 

Die Spannenergie der Feder wird also in was umgewandelt, das Kraft mal Weg ist.

Mit einem Getriebe kann man sich entscheiden, wie das Verhältnis von Kraft zu Weg sein soll.

Wenn das Auto sehr wenig Reibung beim Fahren hat kann man das Getriebe so auslegen, dass weniger Kraft zum Fahren verwendet wird (es braucht wegen der kleinen Reibung ja weniger Kraft) und dafür wird mehr Weg zurückgelegt.

 

Wenn wir ein recht schweres oder schwergängiges Auto haben, das mehr Kraft zum Fahren braucht, dann kann man das Getriebe mehr in Richtung mehr Kraft auslegen. 

 

Also eigentlich ein typischer Hebel. Der Hebel macht auch nichts anderes als die zur Verfügung stehende Energie in mehr Kraft oder mehr Weg umzuwandeln, je nachdem was benötigt wird.

 

Übrigens ist bereits der Stab oder die Kurvenscheibe ein Getriebe.

In meinem Studium der Feinwerktechnik an der GSO-Fachhochschule in Nürnberg hatte ich ein Fach, das sich Getriebetechnik nannte. Ich hatte erwartet, dass wir dort lernen, wie so typische Getriebe mit Zahnrädern berechnet werden. Wir haben dort aber lange nichts von Zahnrädern gelernt.

Das Erste waren wirklich Hebelanordnungen, die bestimmte Bewegungen ausgeführt haben. Zum Beispiel die Bewegung einer Pleuelstange im Verbrennungsmotor, oder die Kinematik einer Baggerschaufel. Das fällt alles unter den Begriff Getriebe.

Oder solche ganz interessanten Getriebe: Strandbeest

 

Also haben wir eigentlich immer schon irgendeine Art von Getriebe im Mausefallenauto um die große Kraft der Feder auf eine kleinere Kraft zum Fahren umzuwandeln.

 

Je nach Auto ist es aber möglich, zusätzliche Getriebe einzubauen um noch mehr Reichweite zu erzielen. Je weiter man das Auto optimiert, so dass es mit weniger Kraft fahren kann, umso weiter kann das zusätzliche Getriebe in Richtung mehr Reichweite verändert werden.

 

 

 

Schauen wir uns zunächst die Kraft des Autos an:

Ein Getriebe ist im Prinzip wieder eine Hebelkombination. Einziger Unterschied: diese Hebel können sich dauerhaft drehen. Es ist eine Kombination aus verschieden großen Rädern, Zahnrädern, Spulen, was auch immer da denkbar ist. Wir stellen es mal mit zwei einfachen Kreisen dar.

 

An der Stelle, an der die Kreise sich berühren, wirken immer die Hebel R1 und R2, die sich um den Mittelpunkte des Kreises drehen wollen.

 

An der Berührstelle haben die beiden Hebel dieselbe Geschwindigkeit und dieselbe Kraft (dargestellt durch den roten Pfeil).

 

Wenn der grüne Hebel sich gegen den Uhrzeigersinn nach oben bewegen will, nimmt der den kleinen Hebel über den Berührpunkt auch mit nach oben. Der kleine Hebel will sich also im Uhrzeigersinn drehen. Die Drehrichtung der beiden ist damit unterschiedlich, weil die Drehachsen auf unterschiedlichen Seiten des Berührpunktes liegen. 

 

Das Hebelgesetz können wir direkt nicht anwenden, weil ja von den Hebeln bereits alles definiert ist. Wir haben die Kraft und beide Hebellängen. 

 

 

Nochmal zur Erinnerung:

das Hebelgesetz kann verwendet werden, wenn wir mit einem Hebel Kräfte und Wege ändern wollen.

Hier gilt F1 * R1 = F2 * R2

Wenn drei Größen bekannt sind, kann die dritte berechnet werden.

 

Das Drehmoment der beiden Hebelarme ist aber gleich: das ist ja F * R und es steht ja schon im Hebelgesetz, dass das gleich ein soll.

 

Was ändert sich also beim Getriebe von einem Rad zum Anderen, wenn doch Längen und Kräfte bereits definiert sind?

Nun, es sind zwei getrennte Hebel, die wir hier berechnen. Von beiden wirkt jeweils nur ein Hebelarm.

Die Größe jedes Hebelarmes war aber ja F * R und das ist das Drehmoment dieses Hebelarms.

 

Diesmal müssen wir also Drehmomente M1 und M2 der beiden Hebelarme berechnen. 

 

 

Nehmen wir an, das der grüne Hebelarm R1 ein bereits bekanntes Drehmoment M1 hat. Wir haben das beim Berechnen des Autos schon ermittelt.

Das Antriebsmoment M1 ist also bekannt. Was wir suchen ist, wie das Getriebe das Moment auf der zweiten Seite ändert.

 

Als Verknüpfung zwischen den beiden Hebelarmen haben wir die Kraft F.

Die rechnen wir also mal aus:

M1 = F * R1

F1 = M1 / R1

 

Mit der Kraft F können wir uns nun das Drehmoment der zweiten Achse berechnen:

M2 = F * R2

 

Wir können das auch gleich in eine gemeinsame Formel schreiben:

M2 = F * R2

       = M1 / R1 * R2

 

Wenn man das noch etwas umstellt, folgt daraus eine allgemeine Beziehung der Momente und Hebellängen:

M1/M2 = R1/R2

 

Das Drehmoment der Achsen steht also in gleichem Verhältnis wie die Hebellängen R1 und R2

D.h. Wenn das zweite Rad kleiner ist als das Antriebsrad, dann wird sein Drehmoment um denselben Faktor kleiner wie ihre Radien.

 

Dieser Faktor ist das Übersetzungsverhältnis i oder einfach die Übersetzung i

Es ist einfach des Verhältnis der Radien der Hebelarme.

 

Damit können wir mit einer bekannten Übersetzung des Getriebes das Moment der zweiten Achse berechnen, wenn wir noch das Moment der ersten kennen:

M2 = M1 * R2 / R1

       = M1 * 1/i

 

M2 = M1 / i

 

Das können wir nun in unsere Berechnungen mit einbauen.

 

 

 

Übertragen wir das Bild der Hebel wieder auf unsere Räder:

Die Hebel müsst ihr euch nun vorstellen. Sie reichen immer vom Drehpunkt zum Berührpunkt der Kreise.

 

Wir können also das Moment eines Rades oder seiner Achse ausrechnen, wenn wir das Moment der anderen Achse und das Übersetzungsverhältnis der Räder kennen.

 

 

 

Die Hebellängen R1 und R2 waren ja genau die Radien der Kreise.

Damit gilt das Übersetzungsverhältnis natürlich auch für Ihre Durchmesser.

 

Die bestimmen nun, in welchem Verhältnis Ihre Umdrehungen stehen. 

Wenn der Durchmesser des großen dreimal so groß ist, wie der des kleinen, wird sich das Kleine dreimal drehen, wenn das Große nur eine Umdrehung macht.

 

In dem Fall wäre es dann die Übersetzung 3:1.

 

 

In einem Mausefallenauto wird also durch den Einbau eines Getriebes eine weitere Achse mit einem anderen Drehmoment eingebaut.

Wenn das Drehmoment kleiner ist als ohne Getriebe, dann wird auch die Kraft an den Rädern entsprechend kleiner.

 

 

 

Wie sieht es nun mit dem Weg aus?

Wie ändert ein Getriebe den Weg eines Mausefallenautos?

 

Wenn, wie oben erwähnt, die beiden Hebel, also die Räder, an ihrem Berührpunkt nicht nur dieselbe Kraft haben, sondern auch dieselbe Geschwindigkeit, muss sich das kleine Rad schneller drehen als das große.

 

Auf die Geschwindigkeit will ich aber gar nicht raus. Ich drücke es deshalb mal anders aus:

Wenn sich das große Rad einmal dreht, wird sich das kleine öfter drehen.

(Wenn die Geschwindigkeit an dem Berührpunkt bei beiden Rädern gleich ist, ist auch der Weg, den die beiden Räder dort zurücklegen gleich. Wenn ein kleines Rad denselben Weg zurücklegen muss, wie ein großes, dann wird es sich öfter drehen müssen.)

Wir können also mit einem Getriebe die Radachse öfter drehen lassen. Damit fährt natürlich auch das Auto weiter.

 

Wir müssen also berechnen, wieviel sich eine Achse öfter dreht, wenn wir ein Getriebe einbauen.

 

Wir haben wieder die bekannten Größen R1 und R2 bzw. die Übersetzung i.

 

Wenn das Rad 1  eine bestimmten Anzahl N1 Umdrehungen macht, dann legt ein Punkt auf seinem Umfang

einen Weg von s1 = N1*2*R1*pi zurück.

 

Der Weg, den das Rad 2 macht, ist analog  s2 = N2*2*R2*pi

 

 

 

Es gilt aber, dass beide den gleichen Weg s im Berührpunkt machen (s1 = s2 = s):

N2 * 2*R2*pi    = s =     N1 * 2*R1*pi

 

wir können das wieder in eine allgemeine Beziehung umstellen:

N2*R2 = N1*R1

bzw.

N1/N2 = R2/R1

 

Die Drehzahlen verhalten sich umgekehrt proportional zu den Radien.

 

 

damit können wir N2 ausrechnen:

N2 = N1 * R1 / R2

mit R1/R2 = i folgt:

 

N2 = N1 * i

Wenn das große (Antriebsrad) eine Umdrehung macht, wird das kleine um das Übersetzungsverhältnis i mehr Umdrehungen machen.

Auch das können wir nun in unsere Berechnungen mit einbeziehen.

 

 

 

Beispiele von möglichen Mausefallenautogetrieben

 

Zahnradgetriebe

Das einfachste Getriebe ist ein ganz normales Zahnradgetriebe. Leider ist es bei vielen Wettbewerben so, dass Zahnräder nicht erlaubt sind, weil sie aus Kunststoff sind. Und wer kann sich schon Holzzahnräder fräsen... Ob da dann Stahl- oder Messingzahnräder erlaubt wären, kann ich nicht sagen. 

 

Wenn es aber erlaubt ist, Kunststoffzahnräder zu verwenden, ist es die beste Art die Reichweite der Autos zu erhöhen.

Die haben extrem niedrige Reibwerte und sind sehr leicht. Damit können sehr hohe Übersetzungen gebaut werden, die trotzdem sehr leichtgängig sind.

Wie so ein Getriebe gebaut wird, habe ich in meiner Anleitung zum Bau eines Autos beschrieben.

 

Auch die Anpassung an neue Reichweiten ist sehr einfach. Es muss nur das Übersetzungsverhältnis geändert werden.

Die Kurvenscheibe bzw. der Stab und und die damit von der Antriebsachse abzuwickelnde Fadenlänge kann gleich bleiben.

So kann das Auto sehr leicht an die Gegebenheiten der Bahn, auf der gefahren werden soll, angepasst werden.

 

Die Übersetzung eines Zahnradgetriebes wird durch die Anzahl der jeweiligen Zähne definiert.

Wenn wir zwei Zahnräder suchen, die eine Übersetzung von 3:1 haben sollen, dann können wir beliebige Zahnradkombinationen wählen, deren Verhältnis der Zahnanzahl auch 3:1 ist. Also z.B. ein Zahnrad mit 30Zähnen und eines mit 10  (30:10 = 3:1)  oder eines mit 60 Zähnen und eines mit 20 (60:20 = 3:1). 

 

Wenn bereits ein Getriebe in ein Auto eingebaut wurde, dann kann das Übersetzungsverhältnis nur in bestimmter Weise geändert werden. Es macht keinen Sinn jedes mal ein komplett neues Getriebe zu bauen.  Es würde ja reichen, wenn die Zahnräder selbst ausgetauscht werden könnten. 

Jede Zahnradkombination hat aber einen bestimmten Achsabstand.

Es können also nur Kombinationen als Austausch gewählt werden, die denselben Achsabstand haben.

Bis ich hier dazu mehr Infos dazu gebe, schaut einstweilen in der Anleitung nach. Dort gehe ich darauf auch kurz ein.

 

 

Schnurgetriebe

es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit eine Übersetzung ins Auto zu bauen: Und zwar ein Schnurgetriebe. Ich nenne es einfach mal so, weil mir ein anderer Name nicht eingefallen ist.

Das Schnurgetriebe wird einfach aus unterschiedlichen Wickeldurchmessern für einen Faden gebaut. So wie die Kurvenscheibe (oder ein Stab) den Faden von einer Achse abwickelt, so kann auch eine dicke Achse einen Faden von einer dünnen Achse abwickeln. Die dünne Achse macht dabei im Verhältnis der Achsdurchmesser entsprechend mehr Umdrehungen.

In mein Anleitungsauto habe ich mal ein solches Getriebe eingebaut und möchte euch nun hier zeigen, wie ihr so was bauen könnt.

 

Prinzip:

Die Übersetzung des Getriebes ist das Durchmesser-Verhältnis der dicken Achse zur Radachse.

Hier im Bild etwa 2:1

Die Antriebsachse (mit dem Faden von der Kurvenscheibe) macht halb so viel Umdrehungen wie die Radachse.

Wie ihr so ein Getriebe bauen könnt, habe ich in meiner Anleitung beschrieben

Der Nachteil dieses Getriebes ist, dass die gesamte Fadenlänge für die benötigten Umdrehungen für die Fahrt aufgewickelt werden müssen. Im Falle des Autos nach der Anleitung, welches nur auf 75m mit Getriebe ausgelegt ist, müssen bereits 130cm Faden aufgewickelt werden. Dieser Wickel eines Fadens mit nur 0,1mm Durchmesser ist, weil der Faden auf der Achse flachgedrückt wird, bereits 6cm breit.

 

Dieses Getriebe setzt also der Reichweite des Autos Grenzen.

Außerdem muss für jede neue Reichweite, die das Auto schaffen soll, die Länge des Fadens, der dann von der Radachse abgewickelt werden muss, angepasst werden.

 

 

Bandgetriebe

Manchmal habe ich ein Getriebe in Mausefallenautos gesehen, dass ein Band, z.B. das einer Musik-Kassette, (wer kennt die noch?) 

von einer Achse abwickelt und auf der zweiten Achse aufwickelt. Das Auto, in dem Video von Mark Rober hat so ein Getriebe.

 

Das Funktionsprinzip ist dem des Schnurgetriebes sehr ähnlich, hat aber nicht dessen Nachteil dass der Wickel sehr breit wird.

Es hat aber einen eigenen, ebenso schwerwiegenden Nachteil.

 

Wie beim Schnurgetriebe wollen wir auch hier durch unterschiedliche Durchmesser der Achsen das Übersetzungsverhältnis für das Auto anpassen. Statt einer Schnur, die dort nebeneinander gewickelt wird, soll hier ein sehr dünnes Band übereinander gewickelt werden.

 

 

Prinzip:

 

 

 

 

Links im Bild soll der Zustand zu Beginn der Fahrt gezeigt werden. Das Band ist komplett auf der Radachse aufgewickelt und wird durch die Kurvenscheibe auf die erste Achse, die Antriebsachse, aufgewickelt. 

 

 

 

 

Am Ende der Fahrt ist das ganze Band von der Radachse abgewickelt und auf die Antriebsachse aufgewickelt.

Man erkennt deutlich, dass sich das Durchmesserverhältnis geändert haben muss.

Das ist ein schwer wiegender Nachteil dieser Lösung. Vor allem wenn die Achsdurchmesser klein sind, macht sich der Unterschied stark bemerkbar. Bei größeren Achsen wäre die Änderung evtl. vernachlässigbar. Leider haben große Achsdurchmesser für den Wickel (Spulen) wieder den Nachteil, dass sie schwer werden.

 

Das Verhältnis wird dabei auch leider so geändert, dass das Auto zum Ende hin eher mit weniger Kraft fährt. D.h. diese Lösung kann die nachlassende Kraft der Feder nicht kompensieren und muss evtl. zusätzlich von der Kurvenscheibe mit korrigiert werden. 

Das ist aber nicht so ganz einfach, weil für jede neue Reichweite des Autos die Kurvenscheibe an das dann benötigte, längere Band 

angepasst werden muss. Und eben auch das Band muss für jede neue Reichweite neu ausgelegt werden.

Das war mir definitiv zu aufwändig, so dass ich diese Lösung nicht umgesetzt habe und auch eigentlich nicht empfehlen kann.

 

 

Für Autos mit geringerer Reichweite ist diese Lösung vielleicht denkbar, weil die Wickeldicke nicht sehr groß wird.

In dem Fall meines Anleitungsautos macht die Radachse etwa 200 Umdrehungen auf der 75m-Fahrt.

Ein sehr dünnes Kassettenband (C120er Kassetten) ist etwa 0,01mm dick.

Daraus folgt, dass der Wickel (200 Schichten Band übereinander) auf der Radachse 2mm dick wäre. D.h. der am Anfang der Fahrt wirkende Durchmesser ist dann nicht mehr 2mm (Durchmesser der Achse selbst) sondern 6mm, weil zwei mal die Dicke des Bandwickels dazu kommt. Im Falle meines Anleitungsautos ist der wirkende Durchmesser der Radachse dann genauso groß, wie der Durchmesser der Antriebsachse. Dafür wird gegen Ende der Fahrt der Durchmesser der Antriebsachse von 6mm etwas größer.

Ihr seht also, dass sich das Übersetzungsverhältnis von 1:1 zu über 3:1 ändern wird. So wie das in etwa in den beiden Bildern oben dargestellt ist.