Berechnung/Abschätzung der möglichen Restunwucht der Auswucht-Methoden

seit ich begonnen habe mich mit dem Thema Rotorblätter auswuchten zu beschäftigen, wollte ich immer herausfinden, welche Fehler bei den einzelnen Methoden noch gemacht werden können. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der Idealzustand in der Realität nicht zu erreichen. Bei allen Schritten, die wir beim Auswuchten machen, werden kleine Fehler gemacht, so dass eben am Ende die Blätter doch nicht exakt gleich schwer sind oder die gleiche Schwerpunktlage haben.

 

Ich habe dazu wieder mal ein paar Berechnungen durchgeführt, um wenigsten einigermaßen abzuschätzen, welche Unterschiede die einzelnen Methoden am Ende haben.

 

Die Berechnungen gelten wieder nur für bestimmte, angenommene Parameter des Helis und der Blätter:

 - 600er Heli

- Rotordrehzahl 2000U/min

- Kopf-Durchmesser 150mm

- Unterschied Gewicht der Blätter 0,3g

- Unterschied Schwerpunktlage der Blätter 1mm

 

 

Ich zeige hier nur die Ergebnisse der Berechnung in einer Übersicht. Die Berechnungen habe ich wieder mal mit einer dazu erstellten Excel-Tabelle durchgeführt, in der die entsprechenden Werte eingetragen werden können. 

 

 

Hier vorab noch ein paar Erläuterungen zu der Symbolik:

 

Die Rotorblätter sind als waagrechter Strich dargestellt. Der Punkt an dem einen Ende stellt die Blattwurzel dar. Zeigt der Strich von dem Punkt aus nach links soll das das linke Blatt sein, zeigt er nach rechts, das rechte.

Das kleine Viereck soll das Wuchtgewicht und dessen Ort darstellen:

 

 

Die Ausgangslage sind zwei Blätter, von denen man sich vorstellen muss, dass sie miteinander verschraubt auf der Blattwaage sind.

Die Gewichte und Schwerpunktlagen der Blätter sind angenommen und in der Skizze eingezeichnet. 

Es ist rechts in der Skizze auch mit einem kleinen Pfeil angetragen, welche Seite sich auf der Blattwaage senken wird.

 

Unterhalb ist die Restunwucht wieder als Fliehkraftwert in cN ersichtlich, die diese Blätter am Rotorkopf erzeugen würden.

 

Negative Werte heißen, dass die Kraft in Richtung des rechten Blattes in der Skizze wirkt.

Achtung: am Heli drehen sich die Blätter, d.h. dass sich diese Kräfte dann auch mit im Kreis drehen. Es sind ja Fliehkräfte. So werden die Vibrationen erzeugt, die wir dann am Heli merken.

 

 

Oft gibt es beim Auswuchten mehrere Möglichkeiten das Wuchtgewicht anzubringen. Bei obigen Blättern habe ich für die Berechnung mal die drei nebenstehenden Orte gewählt:

 

 

Hier nochmal ein Beispiel, wie die Ergebnisse angetragen sind.

Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten auf dem Blatt das Gewicht anzubringen. Für jede Möglichkeit sind die entsprechenden Fliehkräfte des Gesamtsystems angetragen. 

 

 

 

Bei den Drahtmethoden, "iteratives Angleichen" und "gezielt Wuchten" gibt es immer zwei Möglichkeiten, die Schwerpunkte zu verschieben. Entweder wird der des einen Blattes nach außen geschoben, oder der des anderen nach innen. 

Die Schwerpunktverschiebung erfolgt dabei wieder durch Aufbringen eines Gewichtes am Blattende oder an der Blattwurzel.

Die Verschiebung des jeweiligen Schwerpunktes habe ich mit einem Pfeil dargestellt.

 

 

Und hier nun die Ergebnisse zusammengefasst in einer Tabelle

Die Tabelle hat zwei Spalten. Die linke stellt die Situation dar, wenn sich die Seite auf der Blattwaage mit dem schweren Blatt senkt. Die rechte Spalte zeigt den Zustand, wenn sich das leichtere Blatt senkt.

 

Hinweis 13-04-2020:

Ich habe die Fliehkraft, die am Ende übrig bleibt, jetzt ordnungsgemäß in cN angegeben.

Eine Masse von 1Gramm hat eine Gewichtskraft von ca 1cN. Alle Kräfte, die bisher der einfacheren Vorstellung in Gramm angegeben waren, sind also jetzt korrekt in cN angegeben.

Aus den Erkenntnissen über den Effekt 2 habe ich jetzt nur noch einen Wert für die "Unwuchtskraft", als der restlichen Fliehkraft der beiden Rotorblätter angegeben. Die Reihenfolge der Methoden verbessert sich aufsteigend.

 

 

Erklärungen und Deutung

 

zu 1:

so könnten Blätter aussehen, wenn sie direkt vom Hersteller kommen. Würden diese Blätter völlig ungewuchtet auf den Heli gebaut werden, so würden sich Fliehkraftunterschiede bis über ein Kilogramm ergeben.

Logischerweise ist der schlimmere Fall, wenn das schwerere Blatt den Schwerpunkt auch noch weiter außen hat.

 

zu 2:

werden diese Blätter einfach auf einer normalen Blattwaage gewuchtet, ohne Schwerpunkts- und Gewichtsangleich,

(so hab ich das am Anfang gemacht und bin lange so geflogen), dann ergeben sich immer noch ordentliche Unwuchtskräfte.

Zum Glück habe ich ganz außen am Blatt gewuchtet, da halten sich die Kräfte noch in Grenzen.

Im Falle dass sich das leichtere Blatt senkt verschlimmert das Auswuchten auf einer normalen Blattwaage (ohne Schwerpunkt- und Gewichtsangleich) die Lage sogar noch.

Wuchtort sollte immer ganz außen am Blatt sein. Hier erzielt man noch die besten Ergebnisse.

 

zu 3:

Bei den bisherigen Drahtmethoden schätze ich die Toleranzlage der Schwerpunkte mit bis zu ±0,5mm ein. Genauer wird man die Schwerpunkte mit diesen Methoden nicht ermitteln oder gar angleichen können.

Diesen Grenzwert habe ich in die Berechnung einfließen lassen. Die Kräfte sind schon deutlich reduziert.

Dabei ist es egal, ob der Schwerpunkt des einen Blattes nach außen oder der des anderen nach Innen korrigiert wird.

Da hier Schwerpunkte geschoben werden sollen, ist der Wuchtort immer definiert. 

 

zu 4:

mein alternativer Vorschlag "gezielt Wuchten" und "iteratives Angleichen" kommen am Ende eigentlich zum gleichen Ergebnis.

Beim "iterativen Angleichen" wird allerdings nur Möglichkeit I funktionieren.

Wichtig ist hierbei, dass eine gute Briefwaage verwendet wird. Die Kräfte unterscheiden sich stark, je nachdem welche Waage verwendet wird. Eine 10fach bessere Waage verringert hier auch die Kräfte um das 10fache. (Das tut sie nicht immer: siehe Wuchten oder Wiegen)

Hier habe ich angenommen, dass das Gewicht der Blätter nach dem Wuchten wirklich der Auflösung der Briefwaage entspricht.

Das wird in der Realität ebenfalls nicht so sein. Die Streuung, wenn ein Blatt mehrfach gemessen wird ist größer als die Auflösung der Blattwaage. Damit sind diese Unwuchtswerte in der Realität noch größer.

Auch hier ist der Wuchtort eindeutig.

 

zu 5:

die zweitbesten Ergebnisse erreicht man mit der optimierten Drahtmethode. Hier ist ein geschätzter Schwerpunktlagenunterschied von ±0,01mm vorstellbar. Auch hier ist es egal, welcher Schwerpunkt korrigiert wird. 

 

zu 6:

hier habe ich eine Fertigungstoleranz von ±0,2mm angenommen, mit der der genaue Abstand der Blätter von der Achse der Blattwaage eingehalten werden kann. Durch den Effekt 1 entsteht hier trotzdem eine kleine Unwucht.

Wuchtort sollte immer am Blatt ganz außen sein.

 

 

 

 

weitere wichtige Infos dazu:

Die Berechnungen sind mit den Toleranzen, die alleine in den Methoden selbst enthalten sind, berechnet.

Fast alle Methoden lassen sich mit abschließendem Feinwuchten auf einer Blattwaage beenden, manche gehen gar nicht anders.

Da es keinen Sinn macht, als Abschluss nur das Gewicht der Blätter zu messen und zu korrigieren, (siehe Berechnungen Wuchten oder Wiegen) habe ich diese auch gar nicht in Betracht gezogen.

 

Ich habe also vorausgesetzt, dass alle Methoden mit einem finalen Auswuchten auf einer Blattwaage enden. 

In den Berechnungen hier sind diese Abschlusswuchtungen ideal, d.h. ohne deren Toleranzen, gerechnet.

Ergänzung 13.04.2020:

Diese Toleranzen können z.B. das Spiel zwischen der Schraube und dem Loch in dem Blatthalter oder dem Blatt sein. Auch Unterschiede zwischen der linken und der rechten Seite des Wiegebalkens der Blattwaage sind solche Toleranzen. Diese Unwuchten, die da in der Realität dadurch noch dazu kommen würden, kommen aber bei allen Methoden noch dazu.

Diese Toleranzen sind aber sehr klein, so dass ich mich entschieden habe sie wegzulassen.

Die Werte für die Restunwucht werden aber deshalb in der Realität noch etwas höher sein.

 

Diese Berechnungen sollen nur eine Abschätzung darstellen, um mal eine Vorstellung zu erhalten, wie gut welche Methode sein kann.

Sie erhebt keinen Anspruch darauf universell gültig zu sein. 

Je nachdem wie die eine oder andere Methode angewendet wird, wie genau sie umgesetzt wird, können mit der einen oder anderen Methode evtl. bessere Ergebnisse erreicht werden. Dem Einen liegt die Methode mehr, dem Anderen eine andere.

 

Durch diese Arbeit hier habe ich herausgefunden, dass die Kraft, die durch den Effekt 2 erzeugt wird, in etwa genau so groß ist, wie die bereits im System vorhandene Unwucht. Das ist (seit 13.04.20 "war") an der Tabelle schön abzulesen.

Nachtrag 13.04.2020:

hier habe ich damals bereits festgestellt, dass es keinen Effekt 2 gibt. Das habe ich später durch genauere Berechnungen und Messungen noch bestätigt. Siehe hier.