Anwendungsbeispiele von Auswuchtmöglichkeiten bei Mehrblattköpfen

Ich möchte hier Beispiele vorstellen, was an Unwucht in einem Mehrblattsystem enthalten sein kann und wie man es durch Umsortieren der Blätter verbessern kann.

Dabei gehe ich auf zwei verschiedene Möglichkeiten ein. Für beide müssen wir aber wieder mal Annahmen treffen.

Weiterhin möchte ich hier weitere Optimierungen vorstellen, wenn Umsortieren der Blätter doch mal nicht ausreichen sollte.

Für alle diese Lösungen gilt, dass die Blätter immer in einer bestimmten, nämlich der gewählten, Reihenfolge am Kopf montiert werden müssen. Nur die Richtung (im oder gegen den Uhrzeigersinn) ist egal. 

Dabei ist auch immer noch vorausgesetzt, dass nicht jedes Blatt in Gewicht und Schwerpunktlage gleich ist!

Manche Leute vertreten ja die Meinung, dass immer alle Blätter möglichst gleich sein müssen. Ich habe hier auf meiner Seite bereits viel darüber referiert, dass das meiner Meinung nach nicht sein muss.

Wer die Blätter unbedingt möglichst gleich machen möchte, für den erübrigt sich natürlich auch die Sortierung am Rotorkopf, weil ja dann jedes Blatt nahezu dieselbe Fliehkraft erzeugt.

Für diejenigen aber, die es akzeptieren können, dass nur das Gesamtsystem ausgewuchtet wird, und damit Effekt 2 weiterhin vorhanden ist, gibt es eben diese Möglichkeiten hier.

 

 

Nehmen wir also an, wir haben eine Vario Hughes mit einem 5-Blatt-Rotorkopf mit 2m Durchmesser. . 😉

Wie vorgestellt, gibt es die Möglichkeit nur durch Umsortieren der Blätter am Kopf die Unwucht zu verbessern.

Dazu muss aber, wie erwähnt, sowohl Gewicht als auch Schwerpunktlage der Blätter bekannt sein.

Das Gewicht zu ermitteln ist nachvollziehbar leicht.

Bei der Schwerpunktlage sieht das Ganze schon anders aus. Auch hier muss eine Methode gewählt werden, die das möglichst genau erledigt. Wie ebenfalls bereits beschrieben, gibt es da eigentlich nur zwei ausreichend genaue Methoden:

Ermittlung mit der Drahtmethode und Auswuchten der Blätter und Berechnung

 

Beide stelle ich hier unter Punkt 1 und 2 mal vor. Eine von beiden Methoden sollte immer funktionieren, wenn man die Blätter neu anordnen möchte. 

Zum Schluss beschreibe ich noch, was man noch tun kann, wenn das Umsortieren der Blätter nicht ausreichen sollte.

1. Schwerpunktlage mit der optimierten Drahtmethode ermitteln

Bei meiner Hughes wollte ich die Blätter nicht durch Tesastreifen „verschandeln“. Auch Auswuchten mit Klarlack kommt bei den Blättern für mich nicht in Frage. Hier fehlt mir die Übung.

Sie müssen also ungewuchtet, bzw. so wie vom Hersteller gewuchtet, bleiben. Leider ist das bei meinen Blättern fast das Gleiche.

 

Die Blattdaten schauen dabei so aus:

 

Blatt         SP           Gewicht

1               413           284,6

2              416,55       282,9

3              415,5         283,1

4              414            284,3

5              412,5         284,9

 

 

 

 

Bei Mehrblatt-Köpfen ab 4 Blättern kann die Unwucht aller Blätter größer sein, als der Unterschied der extremsten Blätter. 

D.h. bei obigen Blättern ist die Unwucht vom „leichtesten“ zum „schwersten“ Blatt 194gmm. Sie kann aber auf 237gmm hochgehen. Der Grund dafür ist, dass die drei „schwersten“ Blätter den beiden „leichtesten“ gegenüberstehen können.

Dasselbe gilt für 4 und 6-Blatt-Köpfe genauso. Nur der Dreiblattkopf hat immer nur eine bestimmte Unwucht, die kleiner ist als die der extremsten Blätter.

(Ich setze hier „schwer“ und „leicht“ immer in „“ weil sie das ja nicht sind. Es ist aber so, dass die „schwereren“ Blätter auf der Blattwaage nach unten gehen würden, also das höchste Drehmoment m*r erzeugen. Sie wirken auf der Blattwaage also „schwerer“.  Die „schweren“ Blätter erzeugen auch höhere Fliehkräfte. Das ist falsch ausgedrückt, das ist mir klar, es beschreibt hier aber die Wirkung einfach verständlicher, als wenn ich schreiben würde: die Blätter mit dem höheren Drehmoment oder die fliehkraftstärkeren Blätter)

Die Blattdaten oben werden in meine Excel-Berechnung eingegeben. Die berechnet dann die verschiedenen Möglichkeiten bzw. Kombinationen der Blätter am Kopf:

 

Hier die Ergebnisse:

                                                     Unwucht [gmm]                            

extremste Blätter:                              194

Max.                                                      237

Min                                                         11

Man sieht also, dass nur durch Umsortieren schon deutlich bessere Werte erreichbar sind. Was liegt also näher, als dies einfach zu tun?

 

2. Schwerpunktlage berechnen nach Vorwuchten auf normaler Blattwaage

Manch einer hat ja vielleicht wie ich früher auch, einfach die Blätter auf der Blattwaage miteinander verschraubt und ausgewuchtet, in der Annahme seinem Heli Gutes getan zu haben. Wie bereits beschrieben (Effekt 1) ist dem nicht ganz so. Es können immer noch deutlich spürbare Unwuchten im (Heli-) System sein. 

Das gilt natürlich auch, wenn die Blätter eines Mehrblattsystems so ausgewuchtet wurden.

Verbaut man diese Blätter am Kopf entsteht durch Effekt 1 wieder eine Unwucht.

Aber auch dann kann man vielleicht durch Umsortieren Verbesserung erreichen. Das Auswuchten auf der normalen Blattwaage, Blätter miteinander verschraubt, hat nämlich den Vorteil, dass man danach über das Blattgewicht sehr genau die Schwerpunktlage ausrechnen kann. 

Das ist ja das Prinzip meiner alternativen Auswuchtmethode „gezielt Wuchten“. Dort werden die Rotorblätter auch erstmal vorgewuchtet um die Schwerpunktlagen möglichst genau zu kennen und danach gezielt an der richtigen Stelle das richtige Gewicht anzubringen.

Hier kann das Auswuchten aller Blätter auf der Blattwaage auch dazu verwendet werden, die Schwerpunktlagen zu ermitteln. Wer also nicht die Möglichkeit hat, sich eine optimierte Drahtvorrichtung zu basteln, kann die Blätter auch auswuchten.

 

Dazu wird einfach auf der Blattwaage das „schwerste“ Blatt ermittelt, also das Blatt, dass sich, im Vergleich zu allen anderen Blättern, immer senkt. Das ist das Masterblatt, auf welches alle anderen Blätter angepasst werden.

 

Danach werden die Blätter alle so gut es geht gewogen.

Von einem Blatt wird grob die Schwerpunktlage ermittelt. Grob reicht hier aus, weil hier ±5mm relativ egal sind. Die Messgenauigkeit, wenn das Blatt einfach auf einen Draht gelegt und darüber gerollt wird, bis es kippt, und dann der Abstand zur Bohrung gemessen wird, reicht aus. 

Ausgehend von diesem einen Blatt (nehmen wir mal Blatt 2 an), von dem nun das Gewicht und die SP-Lage bekannt ist, kann die SP-Lage der anderen Blätter berechnet werden:

 

Beispiel

Blatt                SP-Lage (r)      Gewicht (m)            

2                          416,55                 282,9

 

 

Berechnung der SP-Lagen der übrigen Blätter:

Blatt 1

Beim Auswuchten auf der normalen Blattwaage wird die Unwucht UW = m*r für jedes Blatt gleichgesetzt (in der Realität natürlich mit kleinen Fehlern). m*r ist also nach dem Auswuchten für jedes Blatt gleich.

 

Damit gilt:

m2*r2 = m1*r1 

 

Vom Masterblatt 2 kennen wir bereits m2 und r2.

Vom Blatt 1 können wir m1 leicht bestimmen.

Damit können wir dann r1 so ausrechnen:

 

m2*r2 = m1*r1

UW2 = m1 * r1

r1 = UW2 / m1

 

Also als erstes die Unwucht von Blatt 2 ausrechnen:

 

UW2 = m2 * r2

       = 282,9g * 416,55mm = 117841,995gmm

 

und Blatt 1 wiegen: m1 = 285,33g

 

Damit können wir nun bestimmen, wo der SP liegen muss, um die Blattwaage ins Gleichgewicht zu bringen:

 

r1 = 117841,995gmm/285,33g = 413mm

 

Genauso gehen wir für die Blätter 3 bis 5 vor. 

 

Ergebnistabelle:

Blatt        SP-Lage [mm]    Gewicht [g]               m*r                             

 

1                413                       285,331707               117841,995

2                416,55                  282,9                         117841,995

3                 415,5                  283,6149097             117841,995

4                 414                     284,6425                    117841,995

5                 412,5                  285,6775636             117841,995

 

Das Produkt m*r ist am Ende bei allen Blättern gleich. Alle Blätter sind auf der Blattwaage ausbalanciert.

Würden diese Blätter nun so am Rotor vebaut werden, ergäbe sich folgendes:

 

Durch den Effekt 1 ändert sich der Radius der Schwerpunkte um den halben Kopf-Durchmesser x.

Damit gilt am Kopf die Unwucht UW = m * (r + x)

 

Blatt        SP-Lage [mm]    Gewicht [g]               m*r                                m*(r+x)

1                413                        285,331707               117841,995                    146375,1657

2                416,55                  282,9                          117841,995                    146131,995

3                 415,5                   283,6149097             117841,995                     146203,486

4                 414                      284,6425                   117841,995                     146306,245

5                 412,5                  285,6775636              117841,995                     146409,7514

 

m*(r+x) ist die Unwucht, die am Kopf durch Effekt 1 entsteht. X ist dabei der halbe Kopf-Durchmesser. Man sieht, dass die Werte unterschiedlich sind und sich damit nicht mehr gegenseitig aufheben.

Dass ist eben jener Effekt 1 (siehe Berechnungen Effekt 1) der am Kopf dann doch zu Unwuchten führt.

 

Wenn die Tabelle in die Excel-Berechnung eingegeben wird, erhält man folgende Werte:

                                                     Unwucht am Kopf [gmm]                            

extremste Blätter:                              278

Max.                                                      350

Min                                                         47

 

Man sieht, dass das Auswuchten einfach auf einer normalen Blattwaage die Ergebnisse verschlimmern kann. (ist unter Berechnungen / Effekt 1... und auf der Hauptseite Rotor wuchten bereits beschrieben) Selbst ein Umsortieren kann die guten Werte von den ungewuchten Blätter nicht mehr erreichen.

 

Wer aber keine Möglichkeit hat, über eine optimierte Drahtvorrichtung die SP-Lagen zu ermitteln, kann das immerhin so tun wie hier beschrieben und anschließend durch Umsortieren immer noch gute Ergebnisse erzielen.

In meinem Fall (mit den Blättern oben) müsste hier allerdings so viel Gewicht (bis zu 0,8g im SP) auf den Blättern aufgebracht werden, dass das mit Tesastreifen nicht mehr sinnvoll erscheint. Da würde ich lieber eine optimierte Drahtvorrichtung basteln.

 

 

Weitere Optimierungen durch gezieltes Beschweren eines Blattes

Es kann Situationen geben, bei denen keine Kombination am Kopf zu guten oder akzeptablen Ergebnissen führt. In dem Fall gibt es vielleicht noch die Möglichkeit, wenn man trotzdem nicht alle Blätter aneinander angleichen möchte, ein Blatt gezielt schwerer zu machen, so dass die Systemunwucht wieder optimiert wird.

 

Schauen wir uns mal wieder ein Beispiel an.

Nehmen wir dazu wieder die nachgewuchteten Blätter vom Lösung 2 oben. Angenommen uns reichen die 47gmm, die durch Umsortieren der Blätter erzielt werden können, nicht aus. Wir wollen das noch besser auswuchten.

In dem Fall finden wir evtl. aus den hier 12 möglichen (5-Blatt-Rotor) eine Kombination, die geeignet ist um ausgewuchtet zu werden.

Auswuchten heißt hier aber, das Gesamtsystem aller Blätter auszuwuchten und nicht alle Blätter aneinander anzupassen!

 

 

Wenn wir hier die Kombination 10 betrachten, sehen wir, dass der resultierende Unwuchtsvektor ziemlich genau von der Position 4 weg zeigt:

 

Wir können nun diese Kombination wählen (dann befindet sich nicht Blatt 4 an dieser Position, sondern Blatt 2) 

Und genau dieses Blatt 2 machen wir dann in der Excel-Tabelle gezielt schwerer, bis der Unwuchtsvektor minimal geworden ist.

 

Irgendwann wird auch diese Kombination 10 als sie optimale Lösung vorgeschlagen (siehe Spalte "beste" in dem Excel-Bild)

Jetzt haben wir das Gewicht des Blattes 2 berechnet, das es braucht um das System auszuwuchten. 

In diesem Fall müsste auf Blatt 2 an Position 4  ein Zusatzgewicht von 0,22g aufgebracht werden:

 

 

Was bleibt, ist nur noch, das Blatt im Schwerpunkt mit einem Zusatzgewicht zu versehen um am Ende genau das berechnete Blattgewicht zu erreichen.

Es ist selten so, dass der Unwuchtsvektor ganz genau von einer Blattposition weg zeigt. In dem Fall sollte einfach die Kombi gewählt werden, bei der das eben möglichst genau der Fall ist. Wird dann das entsprechende Blatt beschwert, so wird der Vektor näher zum Zentrum hin verschoben, aber eben nicht ganz. 

 

Das Blatt weicht nun von den anderen Blättern ab. Es ist nicht mehr zu den anderen Blättern gewuchtet, falls das mal gemacht wurde. 

 

 

falls das Zusatzgewicht nicht im Blatt-SP angebracht werden soll:

Wer es kann, kann auch berechnen, welches Gewicht stattdessen am Blattende benötigt wird. Vorteil wäre, dass etwas weniger Gewicht aufgebracht werden muss. 

 

Beispielrechnung für Blatt 2 oben:

Die Unwucht des Zusatzgewichtes am Rotorkopf (Ø 200mm) muss gleich bleiben. 

Angenommen das Zusatzgewicht sollte 0,22g im Blatt-Schwerpunkt bei 416,55mm betragen.

Die Unwucht dieses Zusatzgewichtes beträgt damit:

0,22g * (416,55mm+100mm) = 113,641gmm

 

Wollen wir ein Zusatzgewicht bei der Position 750mm am Blatt anbringen, welches dieselbe Unwucht am Kopf erzeugt schaut, die Rechnung so aus:

m * (750mm +100mm) = 112,5gmm

m = 113,641gmm / (750mm + 100mm) 

m = 0,13g

 

Wir konnten also das Zusatzgewicht von 0,22g auf 0,13g reduzieren.

In der Realität haben wir damit auch gleich die SP-Lage des Blattes verschoben.

Die Blattwerte können nun nicht mehr so einfach in die Excel-Tabelle übernommen werden, um die Vektoren anzuzeigen, weil ja von dem geänderten Blatt nur das Gewicht, aber nicht mehr die neue SP-Lage bekannt ist. 

Die müsste man jetzt erst wieder neu berechnen, um die Werte in die Tabelle eintragen zu können. Das macht aber meiner Meinung nach keinen rechten Sinn mehr, weil ja nur zählt, dass am Ende die Unwucht im System optimiert wurde.

Ich habe rechnerisch nachgewiesen, dass das Ergebnis dasselbe ist (was ja auch logisch ist).

 

In den meisten Fällen sollte man mit den hier beschriebenen Möglichkeiten klarkommen.

Gerade wenn die Blätter bereits auf der normalen Blattwaage aneinander angeglichen wurden, ist die Restunwucht in den meisten Fällen nur noch gering. Wenn dann noch umsortiert oder dazu noch ein Blatt beschwert werden kann, sollte die Restunwucht akzeptiert werden können.

 

Falls auch keine Kombination gefunden wird, bei der ein Unwuchtsvektor einigermaßen genau von einer Blattposition weg zeigt, wird der Aufwand schon größer. 

Jetzt müssen nämlich zwei Blätter gezielt schwerer gemacht werden, um den Vektor in die richtigen Richtungen zu schieben.

Zuerst schiebt man mit Methode 3 den Vektor so, dass er von einer Position möglichst genau weg zeigt, danach kann man an diesem zweiten Blatt, das an der Position liegt, weiter korrigieren.

Diese Lösung beschreibe ich aber erst genauer, wenn es wirklich benötigt werden sollte. Wenn jemand dabei Hilfe braucht darf er sich gerne an mich wenden. Ich unterstütze hier sehr gern. Außerdem kann ich so Erfahrung gewinnen, wie diese Lösungen in der Praxis funktionieren.