Drahtmethoden

Wenn man sich übers Rotor Auswuchten informiert, werden immer wieder die verschiedensten Drahtmethoden vorgeschlagen.

Diese Methoden waren mir bisher deutlich zu kompliziert außerdem habe ich schon immer deren Genauigkeit angezweifelt.

So richtig beschäftigt damit habe ich mich aber eben erst seit Kurzem.

Sie sind bestimmt besser, als wenn so gewuchtet wird, wie ich das bisher gemacht habe. Aber der Aufwand dafür ist natürlich auch schon wieder deutlich höher. Diese Methoden und deren Vielfältigkeit, waren dann de eigentliche Grund, warum ich Möglichkeiten suchen wollte, die einfacher, schneller oder fehlerfreier umzusetzen sind.

Die Drahtmethoden kamen für mich daher nie so richtig in Frage. Ich habe sie eher in Frage gestellt.

Wenn man die Fehler, die noch in den ganzen Drahtmethoden versteckt sind kennt, kann man sich eine gute Vorrichtung bauen, die diese Fehler vermeidet. So eine Vorrichtung möchte ich, weil sie eben neu ist (zumindest habe ich die noch nirgends im Netz gefunden. Kann aber sein, dass andere ja auch bereits auf diese Lösung gekommen sind), auf die Seite alternative Möglichkeiten gestellt, obwohl sie eine Drahtmethode ist. Von dieser Vorrichtung bin ich mittlerweile auch überzeugt. 

 

Die Drahtmethoden sind aber an sich schon wieder so vielfältig, dass es viele verschiedene Untermethoden gibt. 

Ich versuche die mal hier etwas aufzudröseln.

 

Im Prinzip sollen sie die die Schwerpunkte der Blätter selbst aufzeigen. 

Dazu sollen die Blätter auf einen Draht, Messerkante oder ähnliches gelegt werden, so dass sie so gut wie möglich ausbalanciert sind oder an einem bestimmten Punkt auf die andere Seite kippen.

Manche schieben die Blätter über den Draht bis sie kippen, manche setzen sie immer wieder ein Stückchen weiter auf die Messerkante.

Manche legen die Blätter auf ein Stück Rohr und rollen das über den Tisch, so dass es die Blätter irgendwie mitnimmt.

Manche zeichnen dann irgendwie den Kipppunkt auf dem Blatt an, manche drücken dann die Messerschneide etwas in das Blatt. Manche übertragen die angezeichneten Schwerpunkte auf das andere Blatt, manche legen die Blätter nebeneinander auf den Draht und schieben beide gleichzeitig so dass über den Zeitpunkt des Kippens bestimmt werden kann welcher Schwerpunkt weiter innen und welcher weiter außen liegt.

Ganz ehrlich bin ich überrascht, was es da alles gibt. Und alle haben meiner Meinung nach ein gemeinsames Problem:

die Genauigkeit. Wer die Schwerpunkte so gut angleichen will, dass er das letzte aus der Wuchterei herausholen will, braucht meiner Meinung nach, mit solchen Methoden gar nicht erst zu beginnen. Die Schwerpunktlagen werden am Ende wohl nicht genauer zueinander stimmen als ein paar 1/10mm. Wohlgemerkt immer zur Bohrung der Blattschraube.

 

Mir ist auch aufgefallen, dass nach der Anwendung der Drahtmethoden eigentlich immer noch auf einer Blattwaage gewuchtet wird.

Irgendwie zweifelt wohl niemand an, dass es logisch ist, nach der Durchführung der Drahtmethoden immer noch auf der Blattwaage fein-zu wuchten.

 

Hier mal ein paar Beispiele von Drahtmethoden:

 

DM#1    Schwerpunkte anzeichnen

In einigen Anleitungen sollen die Schwerpunkte durch Ausbalancieren der Blätter über einen Draht ermittelt und auf den Blättern markiert werden. Der Schwerpunkt des schwereren soll dann auf das leichtere übertragen werden.

Danach sollen die Schwerpunktlagen durch Aufbringen von Gewicht auf dem leichteren Blatt so verschoben werden, dass der Schwerpunkt des leichteren Blattes dem des schwereren Blattes entspricht. Die Blätter werden scheinbar nur immer neu markiert bis die Markierungen sich decken. Ich kann mir vorstellen,  dass das auch nicht gleich beim ersten Mal klappt und das Ganze mehrmals durchgeführt werden muss.

 

DM #2    nur Draht

Hier werden die Blätter zwar auch über einen Draht o.ä. gekippt, aber die Schwerpunktlagen nicht mehr markiert.

Sie werden wohl einfach nebeneinander auf den Draht gelegt, irgendwie ausgerichtet und so eingestellt, dass sie gleichzeitig kippen.

Gewogen werden die Blätter evtl. gar nicht, weil wir ja die Schwerpunkte angleichen. Und wenn die Schwerpunkte übereinstimmen und die Blätter dann auf der Blattwaage feingewuchtet werden, dann passt doch alles...oder?

 

Meiner Meinung nach birgt diese Methode die "Gefahr", dass man meint ein gutes Ergebnis erzielt zu haben, aber eigentlich doch noch Fehler enthalten sind, die immer noch zu Vibrationen führen können.

Eigentlich ist diese Methode vergleichbar mit der Methode "nur Blattwaage". Nur dass hier die Schwerpunktlagen bereits etwas eingeschränkt sind.

 

Hier die Erklärung dazu:

Alle Blätter haben Fertigungstoleranzen. Auch eine evtl. selbst gebaute Vorrichtung.

Angenommen man schiebt die Blätter nebeneinanderliegend einfach am Blattende über den Draht. 

Dann gilt z.B. folgendes Bild als Erklärung, warum die Blätter zwar optisch gleichzeitig kippen, im schlimmsten Fall aber doch ein paar 1/10mm unterschiedliche Schwerpunktlage enthalten sein kann.

Auch wenn die Blätter dann noch auf der Blattwaage gewuchtet werden, sind die Schwerpunktlagen noch unterschiedlich. 

Sie sind am Ende nur noch unterschiedlich schwer, was die Schwerpunktlagen wieder ausgleicht.

Wenn das Blattgewicht aber nie gemessen wurde, wissen wir nicht, dass wir was falsch gemacht haben.

So funktioniert die Methode also noch nicht perfekt.

nebenstehende Skizze soll die Toleranzen verdeutlichen, die zu unterschiedlichen Schwerpunktlagen führen können.

 

Die Blätter werden irgendwie über den Draht geschoben/gerollt.

Ob das genau rechtwinklig zum Draht erfolgt ist fraglich.

Weiterhin haben die Blätter zu dem Punkt, an dem sie geschoben werden, unterschiedliche Lagen der Bohrungen an denen sie später verschraubt werden.

Außerdem: welches Blatt gleichen wir denn überhaupt an? Man kann die Blätter ja auf zwei Arten zum gleichzeitigem Kippen bringen:

entweder auf dem einen Blatt an der Wurzel oder am anderen Blatt am Ende.

"Also, wo kleben wir das Gewicht hin?"

mögliche Antwort: "auf das leichtere Blatt logischerweise" 

 

DM #3   Draht + Differenzgewicht

Also sind wir schon dabei die Methode zu optimieren: wir brauchen eine Briefwaage um das Gewicht der Blätter zu ermitteln.

Jetzt gleichen wir das Gewicht der Blätter auch noch an. 

 

"Wo kleben wir jetzt wieviel Gewicht an?"

mögliche Antwort: "es muss doch auf das leichtere Blatt genau das Differenzgewicht aufgebracht werden. "

"Und wo genau?"

mögliche Antwort: "na dort, wo dann auch die Blätter gleichzeitig kippen"

 

Also haben wir jetzt eine Drahtmethode erfunden, die sowohl das Blattgewicht als auch die Schwerpunktlagen anpasst?

Im Prinzip ja, aber...

...die Blätter sind zwar jetzt (innerhalb der Messtoleranz der Waage) gleich schwer, aber die Schwerpunktlagen sind immer noch zweifelhaft. Das wird erst wieder beim abschließenden Feinwuchten auf der Blattwaage korrigiert. Dann sind die Blätter aber wieder nicht gleich schwer. 

 

Diese Vorgehensweise, bei der das Differenzgewicht genau an die richtige Stelle geklebt wird, funktioniert übrigens auch nicht immer:

1. Es kann sein, dass die Blätter bereits fast gleich schwer, die Schwerpunktlagen aber sehr unterschiedlich sind.

In dem Falle müsste das Differenzgewicht dann so weit innen oder außen am Blatt angebracht werden, dass da einfach kein Blatt mehr da ist, wo man was aufbringen könnte!

 

2. würde man Blätter haben, bei denen sich das leichtere Blatt auf der Blattwaage senkt ( einfach(e) nötige Physik ) würde diese Methode auch nicht funktionieren, weil die ja auf das leichtere Blatt irgendwo Gewicht aufbringt. Da sich das leichtere Blatt aber bereits senkt wird es sich so noch schneller senken.

 

DM #4    Draht + Blattgewicht gleich

Also müssen wir dann wieder was anderes überlegen.

Unser Ziel mit der Drahtmethode war ja eigentlich die Schwerpunktlagen der Blätter anzugleichen.

Dann machen wir das doch:

Wir bringen jetzt auf dem leichten Blatt ganz innen oder ganz außen  so viel Gewicht auf, wie benötigt wird, um die Schwerpunktlagen anzugleichen. 

 

Hier müssen wir jetzt entscheiden, wo wir das Gewicht aufbringen wollen.

Ich denke, das hängt davon ab, wieviel es sein muss. Kann das noch mit Tesaband gemacht werden, sollte das wohl ganz innen um das Blatt gewickelt werden. Wird ein Bleigewicht eingesetzt, würde ich das ganz außen (dann am anderen Blatt) anbringen. Dort würde eine Bohrung im Blatt die Festigkeit nicht beeinträchtigen.

Wenn aber so viel Gewicht aufgebracht werden muss, dass es ein Bleigewicht sein muss, dann ist es wahrscheinlich, dass es nach DM #2 gleich an die richtige Stelle gesetzt werden kann.

 

Wenn wir also von einigermaßen guten Blättern sprechen, sollte das mit Tesa machbar sein. Das wird dann eben ganz innen um das  Blatt gewickelt um die Aerodynamik nicht zu sehr zu beeinflussen.

 

Jetzt haben wir die Schwerpunktlagen der Blätter angeglichen (zumindest was mit der Drahtmethode so machbar ist). Die Blätter sind jetzt aber definitiv nicht mehr gleich schwer. Vielleicht ist das vorher leichtere Blatt jetzt das schwerere.

 

Im zweiten Schritt der Methode wird im Schwerpunkt des leichteren Blattes das Gewicht der Blätter angeglichen. Jetzt muss das im Schwerpunkt erfolgen, weil an anderer Stelle die angeglichenen Schwerpunkte wieder verändert werden würden.

 

Die Methode wird in einer Anleitung z.B. hier beschrieben: http://www.airtist.de/rotorblaetter-wuchten.html

Zusammenfassung

Die Anleitungen sehen vor, dass die Draht-Methoden am Ende immer noch auf der "normalen" Blattwaage  feingewuchtet werden.

Hier wird dann nur noch wenig Gewicht benötigt um die letzten Unwuchten zu beseitigen.

Aber dadurch wird trotzdem wieder das Gewicht eines Blattes geändert, so dass die Blätter evtl. wieder nicht gleich schwer sind.

Also wieder eine Schleife und Gewicht der Blätter vergleichen und im Schwerpunkt ausgleichen.

Wieder auf die Blattwaage und so weiter...

 

Je nachdem, wie gut obige Methoden durchgeführt wurden (bis auf DM #1 und #2) können durchaus gute Endergebnisse erzielt werden.

Den letzten Schliff erledigt die Blattwaage. Die kann die Schwerpunkte besser als jede andere Methode aneinander angleichen.

Nach dem Wuchten auf der Blattwaage müssen die Blätter aber immer noch gleich schwer (so gut es die Briefwaage halt kann) sein.

Ansonsten sollte das ganze Prozedere nochmal durchgeführt werden. Das kann dazu führen, dass wir uns in Iterationsschleifen dem perfekten Ergebnis nähern müssen.

 

Was haben wir dann gemacht? Wir haben so lange Gewicht irgendwo aufgebracht, bis die Blätter jetzt nach der Waage gleich schwer und auf der Blattwaage ausbalanciert sind.

Damit haben wir aber ganz automatisch auch die Schwerpunktlagen aneinander gut angeglichen. Je besser unsere Gewichtsermittlung war, umso besser haben wir die Schwerpunkte angeglichen.

Aber, dann hätten wir uns eigentlich das Schwerpunktangleichen mit dem Draht am Anfang sparen können? 

Das wäre doch auf der Blattwaage von ganz alleine herausgekommen. Am Ende zählt einzig und alleine das was die Blattwaage und die Briefwaage anzeigen.

Ich habe mal versucht auszurechnen, mit welcher Genauigkeit die Blattwaagen arbeiten. Die Überschlagsrechnung habe ich mal auf die Physikseite gestellt. Die Blattwaagen sollten im Bereich bis 1/100mm ausbalancieren können. D.h. die Waage stimmt je nach Gewicht der Blätter die Schwerpunktlagen auf mehrere µm genau ab. Das zeigt sich auch darin, dass die Blattwaage nicht mehr ganz im Gleichgewicht ist, wenn man gewuchtete Blätter ab- und wieder drauf montiert. Durch das Spiel zwischen Bohrung und Schraube verschieben sich die Blätter wieder ein wenig, was die Schwerpunktlagen zueinander ändert.

 

Werden die Drahtmethoden nicht genau ausgeführt, müssen uns das Feinwuchten und das Blattgewicht zu einem guten Endergebnis führen.

Leider kann es eben sein, dass man sich wirklich sehr bemüht mit dem Draht ein gutes Ergebnis hinzubekommen und trotzdem viele Schleifen auf Blattwaage und Briefwaage benötigt um das Endergebnis so gut wie möglich zu machen.

Dann hätte man sich das Kippen über den Draht tatsächlich sparen können.

 

Wenn man sich aber eine gute Draht-Vorrichtung baut, kann man sich evtl. das iterative Annähern an das Endergebnis verkürzen.

Weiterhin ist sie einfach zu bedienen und, wenn eine solche Vorrichtung gut durchdacht ist, könnte sie fast alle Fehler vermeiden.

Darin sehe ich Vorteile der Methode. 

Ein weiterer Vorteil ist, dass man so schnell ausprobieren kann, ob das Differenzgewicht auf dem leichten Blatt untergebracht werden kann oder ob zur Schwerpunktangleichung mehr Gewicht nötig ist. 

 

Mittlerweile bin ich von der Methode überzeugt, wenn man die Vorrichtung dazu so gut wie möglich optimiert.

In Zusammenarbeit mit Siggi ist eine Vorrichtung entstanden, die ich hier gerne vorstellen möchte. Ich denke diese in Verbindung mit einer guten Briefwage liefert sehr gute Ergebnisse und vor allem kommt man schnell zum Ziel.

Ich habe Siggis Vorrichtung auf die Seite "Alternative Möglichkeiten" gestellt, weil sie von den sonst so bekannten Draht-Kipp-Schiebe- und Roll--Methoden deutlich abweicht. Sie ist unter "optimierte Vorrichtung und Drahtmethode" zu finden.

 

 

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